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Das Leben der heiligen Gemma Galgani

Der hl. Maximilian Kolbe schrieb 1921: «Ich habe Gemmas Biographie gelesen… Das hat mir mehr Gutes getan als eine Reihe von geistlichen Übungen.»

Gemmas Jugend

Gemma wurde am 12. März 1878 in der Toscana geboren. Sie war das fünfte von acht Kindern. Getauft wurde sie auf den Namen Gemma. Ihre Mutter Aurelia, die mit Heinrich Galgani verheiratet war, hätte für ihre Tochter lieber den Namen einer großen Heiligen gehabt. Aber der Ortspfarrer tröstete sie mit den Worten: «Gemma! Im Paradies findet man die Gemmen (Juwele). Hoffen wir, dass sie im Paradies ein Juwel sein wird.»
Ihrer Mutter war es ein Anliegen, ihren eigenen tiefen Glauben an ihre Kinder weiterzugeben. Sie lehrte sie beten, nahm sie mit in die Messe und erklärte ihnen, wie Jesus sein Leben für uns hingegeben hat.
1872 ließ sich die Familie Galgani in Lucca nieder, wo Heinrich Galgani eine Apotheke erwarb.
1881 kam Gemma in den Kindergarten und es zeigte sich dort ihre hohe Intelligenz. Ihre Liebe zum Gebet nahm sehr zu. Als Gemma vier Jahre alt war, überraschte ihre Großmutter sie beim Betreten des Zimmers mit gefalteten Händen und vor dem Bild der Muttergottes kniend. Ihre Großmutter fragte sie, nachdem sie das Kind eine Weile betrachtet hatte: «Was machst du da, Gemma?» Gemma antwortete ihr: «Ich bete das Ave Maria, lass mich, ich will beten!» Oftmals und gerne vereinten sich Mutter und Tochter im selben Gebet.
Aurelia, die an Tuberkulose erkrankt war, lebte nur noch acht Jahre nach Gemmas Geburt auf dieser Erde. Oft sagte sie zu ihr: «Wenn ich dich doch mit ins Paradies nehmen könnte!»
Eines Tages musste Aurelia das Bett hüten und Gemma sagte: «Ich wollte mich nicht mehr von meiner Mutter trennen; ich verließ nicht einmal mehr ihr Zimmer, sondern wollte mit ihr in den Himmel gehen und befürchtete, dass sie ganz allein in den Himmel fliegen würde.»
Am 26. Mai 1885 sagte ihr zum ersten Mal eine innere Stimme: «Gemma, willst du mir deine Mama geben? – Ja, unter der Bedingung, dass du mich auch nimmst. – Nein! Gib sie mir bereitwillig… Momentan sollst du bei deinem Papa bleiben. Weißt du, ich werde sie ins Paradies geleiten.»
Gemma willigte ein, aber sie weinte. Aurelia starb mit 38 Jahren, am 17. September 1886, nachdem sie gesagt hatte: «Ich opfere mein Leben auf, um die Gnade zu erlangen, meine acht Kinder im Himmel wiederzusehen.»

Das Schulleben

Gemma besuchte eine Schule, die von Ordensschwestern geleitet wurde. Mit neun Jahren feierte sie am 17. Juni 1887 ihre Erstkommunion. Normalerweise wurde Kindern in diesem Alter die Gnade der Erstkommunion noch nicht gewährt. Aber sie hatte so sehr geweint, weil sie nicht kommunizieren durfte, dass der Pfarrer ihrem Vater geraten hatte, ihr zu erlauben, die Erstkommunion zu feiern, um zu verhindern, dass sie krank würde.
An diesem Tag entdeckte sie, wie sehr sich die Freuden des Himmels von denen der Erde unterscheiden. «An diesem Morgen schenkte Jesus mir das große Verlangen, Ordensschwester zu werden», schrieb sie ihrem geistlichen Vater.
Gemma war eine begabte Schülerin; sie war in Französisch, Rechnen und Musik ganz exzellent und vor allem wollte sie die Passion Jesu kennenlernen.
Ihre Lehrerin versprach ihr, dass sie ihr jedes Mal einen besonderen Punkt erklären würde, wenn sie in der Klasse eine eins hatte.
Später schrieb Gemma: «Ich war so glücklich; jeden Tag hatte ich eine eins und jeden Tag bekam ich eine Erläuterung.» Für ihre Kenntnisse in Religion erhielt sie ein goldenes Abzeichen.
Mit zwölf Jahren kühlte ihr Eifer ab und sie spürte, wie sich Jesus immer weiter entfernte. Ihr Vater schlug ihr nichts ab und sie fand allzu große Freude daran, sich elegant zu kleiden. Gleichwohl hatte sie noch immer eine große Liebe zu den Armen und wenn sie ausging, durchsuchte sie zuvor das Haus nach Geld, um Almosen zu geben. Ihr Beichtvater, Monsignore Valpi, untersagte ihr diese Großzügigkeit und ihr Vater verweigerte ihr ebenfalls das, was ihr gutmütiges Herz zufriedengestellt hätte.
Gemma verließ das Haus nicht mehr, aus Furcht, armen Menschen zu begegnen, denen sie nicht hätte helfen können.

Die Dornen und das Kreuz: 
Geschmeide der Braut

Am 11. September 1894 starb Gemmas Lieblingsbruder Gino, der Seminarist war, an Tuberkulose. Sie war untröstlich und war drei Monate lang krank. Als sie wieder gesund war, überhäufte ihr Vater sie mit Geschenken, darunter war auch eine goldene Uhr, die sie voller Freude trug, als sie einmal das Haus verließ.
Bei ihrer Rückkehr erschien ihr ihr Schutzengel und sagte zu ihr: «Denke daran, dass das kostbare Geschmeide der Braut eines gekreuzigten Königs nur Dornen und das Kreuz sein können». Von da an entäußerte sich Gemma jeglichen Reichtums, um Jesus zu gefallen. Sie kleidete sich schlicht und hatte als Schmuck ihre klaren Augen und ihr himmlisches Lächeln. Ihre Briefe unterzeichnete sie künftig mit «die arme Gemma». Dann begann sie gegen ihre Schwächen und Fehler zu kämpfen, um demütig zu werden.
Weihnachten 1894 erlaubte ihr der Beichtvater, das Gelübde der Keuschheit abzulegen. Sie war 17 Jahre alt. Später schrieb sie ihrem geistlichen Vater: «Heute Morgen sagte mir Jesus bei der Kommunion: „Schau, Gemma, in meinem Herzen gibt es ein Mädchen, das ich sehr liebe und von dem ich ebenfalls geliebt werde. Dieses Mädchen bittet mich immer um Liebe und Reinheit und ich, der die wahre Liebe und die wahre Reinheit bin, gewähre ihr davon so viel, wie ein menschliches Wesen empfangen kann”.»
Gemma bat Jesus, viel zu leiden, um ihm ihre Liebe zu beweisen. Diese Bitte resultierte nicht aus einer psychischen Erkrankung, sondern aus dem glühenden Verlangen, Jesus in seiner Passion ähnlich zu sein.
Gemma wurde schon bald erhört: An ihrem Fuß bildete sich ein Abszess und verursachte Schmerzen, die sie hochherzig annahm und vor anderen verbarg, damit nur Jesus allein davon wusste. Die Erkrankung führte schon bald zu Knochenzerfall. Die heftigen Schmerzen zwangen sie, Ärzte aufzusuchen, die ihr empfahlen, den Knochen abzukratzen, um eine Amputation zu vermeiden. Gemma litt viel, aber ihre Verwandten und die Ärzte waren von ihrer Stille und ihrem Lächeln beeindruckt.

Ich will Jesus gehören

1897 starb ihr Vater an Kehlkopfkrebs. Gemma litt sehr darunter, aber Jesus stärkte sie innerlich.
Gemma lebte daraufhin bei ihrer Tante väterlicherseits und half ihr – zur Zufriedenheit aller – ein Eisenwarengeschäft zu führen. Mehrere Männer hielten um ihre Hand an, aber da sie ganz Jesus gehören wollte, lehnte sie diese Anträge ab.
Rückenschmerzen zwangen sie, nach Lucca zurückzukehren. Gemma litt unter Morbus Pott, einer Knochentuberkulose, die sie lähmte und nötigte, im Bett zu bleiben. Ihr großes Leid bestand darin, von männlichen Ärzten abgehorcht zu werden, denn sie war schamhaft darauf bedacht, eine große Reinheit des Körpers und des Geistes zu bewahren.
Kniend betete sie täglich an fünf Fingern drei Ave Maria, eine Bußübung, «damit mich Jesus von den Sünden gegen die heilige Reinheit befreit».
Gemma sagte, dass sie nach ihren Leiden immer enttäuscht war, festzustellen, dass ihre Kräfte zurückkehrten, denn sie sah den Tod als Tor zum Himmel an.
Sie wurde von Heimsuchungsschwestern gepflegt, die ihr vorschlugen, eine Novene zur hl. Margareta-Maria zu beten, damit sie ihr helfen möge, gesund zu werden oder zu sterben.
Voller Freude las sie die Biographie über Bruder Gabriel von der Schmerzhaften Mutter, der 1862 gestorben war und 1920 heiliggesprochen wurde. Zwischen den Beiden entstand eine tiefe Freundschaft. Jeden Abend erschien ihr Bruder Gabriel, um ihr zu helfen, die Novene zu halten.
Am Ende der Novene war Gemma zum großen Erstaunen der Ärzte vollständig geheilt. Einer von ihnen hielt sie für eine Hysterikerin, was sie kränkte, ohne ihr jedoch ihren tiefen Seelenfrieden zu nehmen.
Sie plante, bei den Heimsuchungsschwestern einzutreten, aber Bruder Gabriel riet ihr, nur zu versprechen, Ordensfrau zu werden und bei den Sacré-Cœur-Schwestern einzutreten.
Als sie ihn nach dem Grund fragte, erwiderte er rätselhaft: «Meine kleine Schwester».

Ihre engen Freunde im Himmel

Die Besonderheit von Gemmas Leben liegt im schlichten und monotonen Charakter ihrer Lebensführung, verbunden mit einer großen Vertrautheit mit der übernatürlichen Welt. Gemma unterhält sich mit den Engeln und Heiligen wie mit engen Freunden.
Am 30. März 1899 sagte der gekreuzigte Jesus zu ihr: «Schau, meine Tochter, und lerne, wie man liebt. Siehst du dieses Kreuz, diese Dornen, diese Wunden? All das ist das Werk der Liebe, der unendlichen Liebe. Siehst du, wie weit ich dich geliebt habe? Willst du mich wirklich lieben? Lerne zuerst zu leiden; das Leid lehrt dich zu lieben.»
Am nächsten Tag reichte Jesus ihr zum ersten Mal die Kommunion mit seiner eigenen Hand, weil Gemma krank war und nicht an Gottesdiensten teilnehmen durfte. Sie vereinte sich innerlich mit den Karfreitagszeremonien, da sie auf ihr Zimmer beschränkt war: «Mein Schutzengel kam und wir beteten miteinander. Wir waren bei Jesus in allen seinen Nöten und hatten Anteil an den Schmerzen unserer himmlischen Mutter. Mein Engel machte mir sanfte Vorwürfe und sagte mir, ich solle nicht weinen, wenn ich Jesus ein Opfer bringen sollte, sondern ich sollte denen danken, die mir die Gelegenheit dazu gaben.»
Im Mai 1899 bat Gemma um Aufnahme bei den Heimsuchungsschwestern in Lucca, doch ihr allzu fragiler Gesundheitszustand verhinderte ihren Eintritt.
Am 8. Juni empfing sie am Vorabend des Herz-Jesu-Festes die Gnade der Stigmatisierung. «Jesus ist mit seinen offenen Wunden erschienen», berichtete Gemma, «aber aus diesen Wunden floss kein Blut mehr, sondern es kamen Feuerflammen aus ihnen hervor. Augenblicklich berührten diese Flammen meine Hände, meine Füße und mein Herz. Mir war, als würde ich sterben und ich wäre zu Boden gefallen, wenn mich meine himmlische Mutter Maria nicht gestützt hätte.»

Stunden des Leids und der Freude

Bis zu ihrem Tod durchlebte sie jede Woche von Donnerstagabend 20.00 Uhr bis Freitag um 15.00 Uhr die Passion und hatte die Male der Liebe Gottes zu den Menschen an ihrem Leib.
Jesus setzte ihr zur gleichen Zeit auch seine Dornenkrone auf. Gemma war vor Dankbarkeit verwirrt, weil sie auf diese Weise Jesus entlasten und ihm ihre Liebe zeigen konnte. Diese Stunden des Leids waren aufgrund der innigen Vertrautheit, die sie auf so tiefe Weise mit dem Erlöser erfuhr, auch Stunden der Freude.
Sie trat mit ihrer Fürbitte für all jene ein, die sie liebte, aber auch für die Sünder. Zugleich bat sie um Vergebung für ihre eigenen Sünden. Die stigmatisierte Gemma war über die Zeichen der besonderen Liebe, die sie an ihrem Körper trug, verwirrt und tat ihr Möglichstes, um sie zu verbergen.
Monsignore Valpi stellte Gemma oft auf die Probe. Er wollte mit einem Arzt kommen, um ihre Stigmata zu untersuchen.
Gemma teilte ihm brieflich mit, er möge dem Wunsch Jesu entsprechend allein kommen, sonst würde er nichts sehen. Trotzdem kam er mit einem Arzt, um Gemma während der Ekstase zu untersuchen. Letzterer wischte das Blut von den Wunden und entdeckte eine unversehrte Haut. Er reagierte kategorisch und erklärte, dass es ein Fall von Hysterie sei.
Daraufhin zweifelten Gemmas Angehörige die übernatürlichen Manifestationen an. Das Verschwinden der Stigmata vor dem Arzt ist ein Beweis für die Demut der jungen Frau.

Du wirst eine Lieblingstochter sein

Zu Beginn des Sommers 1899 hielten Passionistenpatres Exerzitien in Lucca. Gemma stellte überrascht fest, dass deren Habit genauso aussah wie der ihres Bruders Gabriel.
Dann sagte Jesus zu ihr: «Möchtest du auch diesen Habit anziehen? Du wirst eine Tochter meiner Passion und eine Lieblingstochter sein! Einer von diesen wird dein Vater werden. Geh und enthülle alles!»
Gemma vertraute sich einem Ordensmann an, der ihr einige Bußübungen untersagte, die sie ohne Erlaubnis praktiziert hatte. Dann brachte er sie mit Familie Giannini in Kontakt, die sie aufnahm, um sie vor den Augen der Welt zu verbergen.
Die Eheleute Giannini hatten 12 Kinder und schätzten Gemmas Tugend und Frömmigkeit. Sie wurde mit dem Passionisten P. Germano bekannt gemacht, der sie sicher und fest führte. Gemma schrieb ihm häufig und gehorchte ihm in allem. Ihr Gehorsam ging so weit, dass sie Jesus verließ, wenn die für sie festgelegte Gebetszeit vorbei war.
Dieser Gehorsam schützte sie vor diabolischen Wahnvorstellungen. P. Germano, der [in ihr] ein echtes mystisches Leben erkannte, ließ den Heiligen Geist in ihr wirken.
Gemmas Leben ging in Selbstlosigkeit und demütigem Dienst weiter.
Sie half der Familie Giannini fleißig; sie stopfte Socken, räumte die Wäsche aller auf und wenn sie in Ekstase war, durchlebte sie sie und setzte anschließend ihre Arbeit fort.
Sie wollte leidenschaftlich gerne ins Kloster eintreten, aber es war vergebens, denn die Passionistinnen hatten Sorge, eine Postulantin mit einem so außergewöhnlichen geistlichen Leben aufzunehmen.
Sie unternahm Schritte, um ein Kloster von Passionistinnen zu gründen – vergebens.
Zu Pfingsten 1902 wurde sie krank und aß nicht mehr. Ihre einzige Nahrung war die hl. Kommunion. Es war eine Zeit der intensiven Wiedergutmachung, die sie dem Heiligsten Herzen Jesu anbot und eine Zeit der besonderen Fürbitte zur Heiligung des Klerus.
Am 21. September traten Symptome einer Lungentuberkulose auf. Der Herr offenbarte ihr, dass sie noch einen schmerzhaften Kalvarienberg durchmachen müsse: «Ich brauche unermessliche Sühne, besonders für die Sünden und die Sakrilege, mit denen ich durch die Diener des Heiligtums verhöhnt werde.»
Sie ertrug unaussprechliche Qualen, aber ihre Geduld, ihr Mut wurden nicht schwächer. Ihre bedingungslose Liebe zu Gott ermöglichten es ihr, den «Skandal des Bösen» und des Leidens im göttlichen Licht zu sehen.
Im Januar 1903 wurde sie wegen der Ansteckungsgefahr in ein Isolierzimmer gebracht. Dort starb sie am Karsamstag, den 11. April 1903, im Alter von 25 Jahren.
Das Kloster der Passionistinnen in Lucca, dessen Gründung sie ersehnt hatte, wurde 1905 eröffnet und erhielt den Körper ihrer himmlischen Schutzpatronin, die prophezeit hatte: «Die Passionistinnen haben mich lebend nicht gewollt, aber sie werden mich tot haben».
Am 2. Mai 1940 wurde Gemma Galgani nach sorgfältiger Untersuchung der mystischen Phänomene ihres Lebens durch Papst Pius XII. heiliggesprochen.
Heilige Gemma Galgani, bitte für uns und erwirke uns von Jesus und Maria die Gnade der Geduld, der Güte und der Nächstenliebe – aus Liebe zum gekreuzigten Jesus.

Pater François Zannini

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