Mein Konto


Anmeldung im Shop

Facebook

Parvis-Verlag ist auf Facebook!
Neuheiten,
Gebete der Woche,
Infos, usw.

Ihr Sterbenden, fürchtet euch nicht vor diesem Gott, der Vater ist!

Maria Valtorta - Jesus lehrt uns das gute Sterben

14. Juli 1946
Jesus sagt:
«Für die, die es wünschten, habe Ich eine Heilige Stunde diktiert. Ich habe Meine Todesangststunde vom Getsemani enthüllt, um dir eine große Belohnung zu schenken; es gibt nämlich unter Freunden keinen tieferen Vertrauensbeweis, als ihnen den eigenen Schmerz auf-zudecken. Lachen und Küsse sind keine äußersten Liebesbeweise, sondern vielmehr dem Freund mitgeteiltes Weinen und mitgeteilter Schmerz. Du, Meine Freundin, hast diese kennen gelernt. Damals, als du im Getsemani warst. Jetzt bist du auf dem Kreuz. Und du verspürst Todesschmerzen. Lehne dich an deinen Herrn, während Er dir eine Stunde der Vorbereitung auf den Tod erteilt.

«Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorüber gehen»

Das ist zwar keines der Sieben Worte vom Kreuz. Und doch ist es bereits ein Wort der Passion. Es ist der erste Akt der beginnenden Passion, ist die notwendige Vorbereitung auf die weiteren Phasen des Holocaustums. Es ist der Flehruf an den Spender allen Lebens, die Ergebung, die Demut, ist Gebet, in dem sich in einer Adelung des  Fleisches und einer Vervollkommnung der Seele der Wille des Geis-tes mit der Zerbrechlichkeit des Geschöpfes, das ja einen Widerwillen gegen den Tod hegt, verflechten.
“Vater!…” Ach! Es ist die Stunde, in der die Welt den Sinnen und dem Denken ferne rückt, während der Gedanke an das andere Leben, das Unbekannte, das Gericht, sich aufdrängt wie ein herabstürzender Meteor. Und der Mensch, der auch als ein Hundertjähriger immer ein kleines Kind bleibt, wie ein erschrecktes, allein gelassenes Kind den Schoß Gottes sucht.
Gatte, Gattin, Brüder, Kinder, Eltern, Freunde… so lange das Leben noch weit vom Tode entfernt war, so lange der Tod eine unter fernen Nebeln verborgene Vorstellung war, waren sie alles. Jetzt hingegen, wo der Tod unter dem Schleier hervorkommt, sind es gerade die Eltern, die Kinder, die Geschwister, der Gatte, die Gattin, deren Züge, deren affektiver Wert angesichts des nahenden Todes verschwimmen. Wie durch die Entfernung schwächer werdende Stimmen verliert alles Irdische an Kraft, während das Jenseitige, das bis gestern noch so ferne schien, sich hervordrängt… Und dann überfällt eine Regung der Angst das Geschöpf.
Wenn der Tod nicht leidvoll und beängstigend wäre, wäre er nicht die äußerste Züchtigung und das äußerste dem Menschen zugebilligte Sühnemittel. So lange es keine Sündenschuld gab, gab es den Tod nicht als Tod, sondern sollte es eine Entschlafung geben. Und da, wo keine Sündenschuld war, gab es auch keinen Tod, so wie im Falle der hoch-heiligen Maria. Ich war gestorben, weil auf Mir die ganze Sündenschuld lag, und Ich habe auch den Schauder vor dem Sterben durchlitten.
“Vater!”. Ach! Dieser oftmals ungeliebte oder an letzter Stelle geliebte Gott, nachdem das Herz Eltern und Freunde geliebt, oder unwürdigere Liebschaften zu lasterhaften Geschöpfen unterhalten, oder die Dinge als Götzen geliebt hat, dieser so oft vergessene Gott, der zugelassen hat, vergessen zu werden und ihnen die Freiheit dazu gelassen, der sie gewähren lassen hat, der bisweilen verhöhnt, bisweilen verflucht, bisweilen verleugnet worden ist, siehe, nun taucht er in der Vorstellung des Menschen wieder auf und fordert Seine Rechte. Er donnert: “Ich bin!”, und um nicht durch die Offenbarung Seiner Macht sterben zu lassen, mäßigt Er dieses machtvolle “Ich bin!” mit dem sanften Wort: “Vater!”. “Ich bin dein Vater”. Das ist keine Bedrohung mehr. Dieses Wort weckt ein Gefühl des Sich-überlassen-Dürfens. Ich, Ich, der Ich sterben musste, der Ich verstand, was Sterben heißt, habe euch gelehrt, mit der Anrufung “Vater” ohne Schrecken vor dem in den Qualen der Todesnot aufscheinenden Gott, der sich der Seele des Sterbenden offenbart, hinzuscheiden, nachdem Ich die Lebenden bereits gelehrt hatte, den Allerhöchsten Jahwe “Vater” zu nennen.
“Vater!”. Fürchtet euch nicht. Ihr Sterbenden, fürchtet euch nicht vor diesem Gott, der Vater ist! Er kommt nicht mit Strafregistern und einer Axt bewaffnet, kommt nicht als Zyniker auf euch zu, um euch aus dem Leben und euren Zuneigungen herauszureißen. Vielmehr kommt Er mit ausgebreiteten Armen und diesen Worten auf euch zu: “Kehre heim in deine Wohnung. In deine Ruhe. Ich will dich für alles, was du hier zurücklässt, entschädigen. Und, das schwöre Ich dir, in Meinem Schoß wirst du für die, die du zurücklässt, tätiger sein können, als dort unten in mühsamem Kampf, der sich nicht immer auszahlt”.
Der Tod ist freilich immer ein Schmerz. Wegen der körperlichen, der seelischen und der geistlichen Leiden. Er muss ja ein Schmerz sein, denn er soll ja ein letztes zeitliches Mittel der Sühne sein, das wiederhole Ich noch einmal. Und Seele, Geist und Herz des Sterbenden werden in wogende Nebelschwaden gerissen, die ihm abwechselnd das, was er im Leben geliebt hat, entschwinden lassen und wieder zeigen, das, was ihn das Jenseits fürchten lässt. Wie ein sturmgepeitschtes Boot werden die Seelenkräfte aus ruhigen Zonen gerissen, in denen schon der Friede des nahen, bereits in Sichtweite befindlichen Hafens herrscht, der schon eine selige, heitere Ruhe verspricht wie für jemand, der eine mühevolle Arbeit fast beendet hat und schon vorfreudig die baldige Erholung ver-kostet. Dann aber geraten sie wieder in wild bewegte Zonen, in denen der Sturm sie schüttelt, peitscht und leiden lässt, sie schreckt und aufstöhnen lässt. Da ist wieder die Welt, die beunruhigende Welt mit allen ihren Tentakeln: Familie, Geschäfte… das ist die Angst der Todesnot, der Schrecken vor dem letzten Schritt… Und dann? Und dann?… Die Finsternis stürmt an, erstickt das Licht, zischt ihre Schrecken heraus… Wohin ist der Himmel entschwunden? Warum sterben? Warum sterben müssen? Ein Schrei will sich schon der Kehle entreißen: “Ich will nicht sterben!”.
Nein, Meine Brüder, die ihr sterbt, weil das Sterben gerecht, weil das Sterben heilig und gottgewollt ist. Nein. Schreit nicht so! Dieser Schrei kommt nicht aus eurer Seele. Es ist der Widersacher, der sich eurer Schwäche bemächtigt und ihn euch auspresst. Verwandelt den aufbegehrenden feigen Schrei in einen Ausruf der Liebe und des Vertrauens: “Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorüber gehen”. Wie der Regenbogen nach dem Gewitter bringt dieser Ausruf das Licht und den Frieden zurück. Ihr seht den Himmel wieder, erkennt die heiligen Gründe des Sterbens, den Lohn des Sterbens, das heißt, die Heimkehr zum Vater, und dann versteht ihr, dass auch die Seele, ja, gerade die Seele, größere Rechte als das Fleisch hat, da die Seele ewig und übernatürlichen Wesens ist, und daher Vorrang vor dem Fleisch hat, und dann sprecht ihr das Wort aus, das allen euren Sünden des Aufbegehrens Absolution erteilt: “Aber nicht mein, sondern Dein Wille geschehe”.
Und siehe, da zieht der Friede ein, das ist der Sieg. Der Engel Gottes umarmt und stärkt euch, weil ihr den vorauslaufenden Kampf gewonnen habt, der euer Sterben zu einem Triumph geraten lässt.

«Die Hefte 1945-1950»
Seiten 295-298

Stichwörter