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Überdosis an Wunderbarem?

Als Leser und Leserinnen von Maria heute, denen ein ernsthaft christliches, in der Wahrheit verankertes Leben ein Anliegen ist, beunruhigt uns manchmal unser feinfühliges Gewissen. Sind wir Voyeure, konsumieren wir sensationelle Ereignisse, sind wir raffinierte Egoisten, träge Menschen mit wankelmütigem Glauben, Apostel auf der Suche nach einfachen Abkürzungen?
Warum ist es Zeitschriften wie Stella Maris, Maria heute und ihrer italienischen Schwester Segno ein Anliegen, gerade die Zeichen des Himmels bekannt zu machen?
Es ist durchaus legitim, sich diese Fragen zu stellen. Versuchen wir darauf kurz zu antworten und dabei nach der guten katholischen Ausgeglichenheit zu trachten.

Jesus wirbt mit Wundern für sich…

Natürlich müsste diese Formulierung von tausend Nuancen und Vorsichtsmaßnahmen begleitet werden, aber insgesamt gesehen bleibt sie wahr. Menschenscharen kamen zu Jesus, weil er heilte und Wunder wirkte. Jesus wusste das und er nutzte diese Vorgangsweise als einen ersten «Köder», der die Herzen der Menschen guten Willens öffnete. Das Ansehen und die Überlegenheit, die von diesen brillanten Taten ausgingen, ermöglichten es Jesus, den ersten Schritt der Arbeit in den Seelen zu tun.
Die Evangelien zeigen uns die Ergebnisse dieser «Operation am offenen Herzen», die nämlich genau «die Herzen öffnet» und sie weit macht. Die Menschen «gerieten alle außer sich; sie priesen Gott und sagten voller Furcht: Heute haben wir etwas Unglaubliches gesehen. … Alle gerieten außer sich über die Macht und Größe Gottes. Alle Leute staunten über das, was Jesus tat. … Das ganze Volk aber freute sich über all die großen Taten, die er vollbrachte. … Das ganze Volk hing an ihm und hörte ihn gern.» (Mk 5,20; 7,37; Lk 2,18; 4,15; 5,26; 9,43; 13,17; 19,48; usw.).
Natürlich sind die Wunder nicht alles. Jesus lässt sich nicht täuschen und er weigert sich sogar, Wunder zu wirken, wenn sein Gegenüber feindlich gesonnen oder misstrauisch ist. Er weiß auch, dass das übertriebene Suchen nach Zeichen Hinweis für einen schwachen Glauben ist. Das Johannesevangelium zeigt uns, dass der Messias der Feind des Sensationellen ist, das von einer tiefen und selbstlosen Anhängerschaft losgelöst ist. So führt uns die Rede über das Brot des Lebens in Kapitel 6 die Ablehnung vor Augen, die einen trotz der angebotenen Zeichen für die Gnade verschließt.
Im besten Fall wird Jesus für einen Propheten gehalten. Aber man muss noch eine ganze Wegstrecke zurücklegen, um zuzulassen, dass er der Sohn Gottes und der einzige Erlöser ist. Und als Jesus die schrecklich bitteren Forderungen des Himmelreiches verkündet, schmilzt die Zahl seiner Anhänger! Das Prinzip jedoch bleibt: Der Menschensohn verwendet wunderbare Zeichen, um [Menschen] an sich zu ziehen.

Jesus hat Wunder und Predigt ausdrücklich miteinander verbunden

Trotz der enormen Risiken eines Missbrauchs aufgrund der Tatsache, dass der Apostel sich selbst verkündet und der eitlen Ruhmsucht hinterher läuft, hat Christus die Apostel und auch die Gläubigen mit ansehnlichen Charismen ausgestattet. So steht es am Ende des Evangeliums nach Markus: «Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden» (Mk 16,17f).
Zu Beginn von Kapitel 10 bei Matthäus wird uns die erste Aussendung der Apostel beschrieben. Die Zwölf sollen verkünden, dass das Himmelreich nahe ist und um diese Verkündigung glaubhaft zu machen, empfangen sie die Macht, Dämonen auszutreiben, Krankheit oder Siechtum zu heilen, Tote aufzuerwecken.
Im Verlauf von 20 Jahrhunderten Kirchengeschichte hat sich die Intensität der Verbindung zwischen Predigt und Wundern beträchtlich zugunsten des Predigens oder des unergründlichen Willens Gottes verschoben. Das Prinzip der Verbindung zwischen Wort und Zeichen bleibt jedoch nicht weniger wahr.

Die Fülle des Wunderbaren und seine Fruchtbarkeit

Autoren haben es sich zur Gewohnheit gemacht zu sagen, dass die vom hl. Ludwig Maria Grignon de Montfort vorhergesagte «marianische Ära» 1830 in der Kapelle der Wundertätigen Medaille begann und sich anschließend in La Salette, Lourdes, Pontmain, Fatima, usw. fortgesetzt hat.
Halten wir jedoch fest, dass es seit wenigstens tausend Jahren zahlreiche Erscheinungen im Gebiet der Christenheit gegeben hat.
Oftmals hatten diese Marienerscheinungen nur eine regionale Ausstrahlung. Nach 1830 sind manche Erscheinungen auf internationaler Ebene bekannt geworden, sei es aufgrund himmlischen Willens, sei es aufgrund leichterer Kommunikationsmöglichkeiten. Der Himmel selbst schien in dieser Hinsicht überreiche Zeichen zu geben und den Gläubigen «große Spektakel» zu bieten, wie beispielsweise den Sonnentanz am 13. Oktober 1917 in Fatima.
Es ist nicht per se ein sehr erhabener Gunsterweis auf der mystischen Gnadenskala wenn man die Muttergottes in sinnenfälliger Weise sieht. Sehr häufig ist eine solche Begegnung mit Maria jedoch mit einem Weg großer Heiligkeit verbunden. So war es auch der Fall bei Bernadette von Lourdes, die die Muttergottes nur achtzehn Mal öffentlich sah, die aber heiliggesprochen wurde.
Wie dem auch sei, eine authentische Erscheinung ist mit pastoralen und missionarischen Auswirkungen behaftet, die von größter Bedeutung sind. Wo stünde die Marienverehrung heute, wenn es keine Erscheinungen gegeben hätte?

Der Fall von P. Tardif

Es wäre unrealistisch und unklug, a priori zu behaupten, dass außergewöhnliche Charismen nur ein wenig Beiwerk am Rande der Evangelisierung sind. Die Fruchtbarkeit der Mission von P. Tardif, die sich ausgiebig auf sichtbare Wunder stützte, ist dafür eine Bestätigung. Dazu braucht man nur das Buch «Jésus fit de moi son témoin» zu lesen, um sich dessen bewusst zu werden. Bei einer Intervention in Nagua (Dominikanische Republik) «waren die Wunder stets so zahlreich, dass ich sie nicht zählen konnte», schreibt er. «Paare, die in wilder Ehe zusammenlebten, heirateten, junge Menschen wurden von Drogen und Alkohol befreit. Es war wie der wunderbare Fischfang…» (S. 22).
Im Herbst 1980 verbrachte P. Tardif drei Wochen auf der Insel Tahiti. Am Ende dieses Aufenthaltes schrieb der Erzbischof von Papete, Mgr. Michel Coopenrath, an seinen Provinzial:
«Die Zahl derer, die am Sonntag praktizieren, hat beträchtlich zugenommen, usw… usw… Noch nie hat die Diözese einen solchen Aufschwung im Glauben erlebt. Wir hatten in den vergangenen fünfzehn Jahren zwei Synoden, eine Apostolische Revision, Exerzitien, die von ausgezeichneten Priestern gehalten wurden… wir haben große religiöse Manifestationen erlebt…, aber es gab kein so populäres und tiefes Resultat, das mit diesem hier vergleichbar wäre.» (S. 81f)

Der klassische Heilige wird von einem Aufblühen an wundervollen Werken begleitet

So ist es immer gewesen. Wenn Gott um jeden Preis eine Botschaft weitergeben will, bedient er sich oft herausragender Charismen. P. Auvray, der berühmte Biograf von Don Bosco, beschrieb mit Eloquenz die Rolle des Heiligen, den Gott als einen «Kundschafter» in die Welt sendet: «Ein Heiliger ist ein Geschenk des Himmels an die Erde; dieser Auserwählte ist mit einer Sendung beauftragt; er ist der Sprecher der göttlichen Besorgtheit über eine Epoche. Er kommt, und durch sein Vorbild, sein Wort, durch ein Aufblühen von wunderbaren Werken enthüllt er ganz deutlich, worin aus der Sicht des Himmels die Gefahren liegen, in denen sich die Gesellschaft befindet, welcher dringenden Aufgabe man sich unverzüglich zuwenden soll, in welche Richtung sich die katholische Aktion resolut engagieren soll».

Das Wort Gottes, beglaubigt durch die Propheten

«Die Propheten», schreiben die Jesuiten Paul Agaesse und Michel Sales, «haben nicht mehr die Aufgabe, der Fülle der Offenbarung entgegen zu gehen, sondern, weil diese Offenbarung in Jesus Christus erfüllt und vollendet ist, sind sie Zeugen eines Wortes, auf das nicht mehr gewartet werden muss, sondern das bereits gegeben wurde: Sie bezeugen die umgestaltende Kraft des Wortes Gottes in einem menschlichen Leben, ohne die das göttliche Wort – wie Néher in Bezug auf die Propheten sagt – in gewisser Weise aufgehängt bleiben würde» (10 DS 1954).
Darum wird heute zu Recht die Bedeutung der prophetischen Gnade betont, die im Augenblick der Taufe geschenkt wird. In Loreto, das an der westlichen Adriaküste liegt, erkennt man den enormen Einfluss von Medjugorje, das auf der anderen Seite der Adria liegt. Im Beichtstuhl stellt man fest, dass ein beträchtlicher Anteil von Pönitenten, der sofort durch seinen Eifer erkennbar ist, eine Wallfahrt nach Bosnien-Herzegowina gemacht hat. Dasselbe gilt – wenngleich in einem kleineren Ausmaß – für San Damiano. Die mit dem Skalpell bewaffneten Chirurgen werden – so hoffe ich – zögern, die Arterien zu durchtrennen, die den gesamten Körper mit frischem Blut versorgen.

Im materialistischen Universum wird das Wunderbare zu einer Notwendigkeit

Die Nachrichten, die von morgens bis abends zu uns kommen, haben normalerweise keinerlei Bezug zu einem transzendenten Universum. Eingeschlossen in die Sphäre der Medien, Gefangene einer völlig verweltlichen Kultur, sind wir konditioniert, um Heiden zu werden und wir werden es in der Tat. Man muss darauf reagieren und aus dieser Gefangenschaft heraustreten, indem man sich unablässig mit geistlicher Lektüre befasst. Hier hat die Lektüre von Maria heute ihren angemessenen Platz und entzündet das Herz des Jüngers, des Apostels.
Unsere arme Seele stirbt vor Hunger, unser Wille setzt sich kärgliche Ziele, unserem Geist fehlt die Dimension der Ewigkeit, unsere Vorstellungskraft ist vertrocknet. Wir müssen unseren Geist mit der christlichen Botschaft, die auch das Wunderbare einschließt, sättigen, ja überreich sättigen.
O, welch ein Unterschied besteht zwischen dieser Welt und der Welt des Christentums, wie es teilweise noch in Ländern wie Italien besteht?!
In der Geschichte kommt jedoch nicht zweimal das Gleiche vor. Es geht nicht darum, zum Vergangenen zurückzukehren oder es stumpf zu kopieren, sondern wir wollen vielmehr mit Unterstützung einer adäquaten Presse die Zeichen der Zeit beobachten.
Gott bereitet durch Hunderte kleiner Propheten neue Zeiten vor. Verachten wir diese Geschenke des Himmels nicht! Sie sollen uns nicht dazu verleiten, die Düfte des Jenseits zu genießen, sondern uns dazu bringen, dass wir unsere Ärmel hochkrempeln, um die Kultur von morgen, die Zivilisation der Liebe, zu erfinden. Das beinhaltet auch noble Aufgaben: Dem Volk das Gute, das ihm gebührt, zurückgeben; die christliche Vorstellungskraft wieder zu beleben. Wenn dabei Übertreibung und Gefahr droht, wird es uns das kirchliche Lehramt sagen.

Pater Marc Flichy

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